Rechtslage zur DSGVO
Seit dem 25. Mai 2018 sind die deutschen Unternehmen verpflichtet, die Vorschriften der DSGVO einzuhalten. Viele fragen sich seitdem, von welcher Seite Ungemach drohen kann. Die Datenschutzbehörden ersticken momentan in Arbeit, dort werden vorwiegend die angezeigten Fälle abgearbeitet.
Aber kann ein Konkurrent Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung ahnden? Wenn z.B. die Datenschutzerklärung auf der eigenen Unternehmens-Webseite unvollständig oder fehlerhaft ist? Dazu gibt es mehrere interessante Gerichtsentscheidungen, die wir uns mal genauer anschauen wollen.
Landgericht Bochum – Urteil vom 07.08.2018 (Az.: I-12 O 85/18)
Hier stritten sich zwei Unternehmen, die beide in der Druck- und Textilbranche tätig sind, ein Wettbewerbsverhältnis lag daher vor.
Der Kläger mahnte den Beklagten wegen Verletzung von DSGVO-Vorschriften ab. Der Beklagte hatte es seiner Meinung nach versäumt, die Webseiten-Besucher über die Datenverarbeitung genau zu informieren. Anspruchsgrundlage für die Abmahnung der Datenschutzverstöße sei Art. 13 DSGVO. Diese Vorschrift regelt die Informationspflicht bei der Erhebung von personenbezogenen Daten.
Die Frage war hier, ob der Kläger überhaupt berechtigt ist, Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung zu ahnden. Das Gericht ist der Meinung, dass die Artikel 77 bis 84 DSGVO abschließende Regelungen enthalten, die die Ansprüche von Mitbewerbern ausschließen. Somit können nur bestimmte Einrichtungen, Organisationen und Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht Verstöße gegen die DSGVO verfolgen.
Der Kläger war daher nicht berechtigt, die Verstöße gegen die DSGVO zu ahnden.
Landgericht Würzburg – Beschluss vom 13.09.2018 (Az.: 11 O 1741/18)
In diesem Verfahren standen sich ein Anwalt und eine Kollegin gegenüber. Der Anwalt bemängelte, dass die Datenschutzerklärung der Kollegin nicht den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung entsprach. So soll ihre Webseite keine Angaben zur verantwortlichen Person, zur Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten sowie keine Belehrung über das Widerspruchsrecht enthalten haben.
Das Gericht sah darin Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht gemäß § 3a UWG. Es nannte in diesem Zusammenhang die (älteren, vor Inkrafttreten der DSGVO ergangenen) Urteile des OLG Hamburg (Az.: 3 U 26/12) sowie des OLG Köln (Az.: 6 U 121/15).
Demnach stellten die Bestimmungen zum Datenschutz eine sog. „Marktverhaltensregelung“ dar, da die Erwägungsgründe der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG auch die wettbewerbliche Entfaltung der Mitbewerber schützen, indem gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden.
Aufgrund dieses Hinweises sei die Abmahnung wegen Verstoß gegen die DSGVO zulässig.
Stellungnahme:
In den Erwägungsgründen zur DSGVO fehlt ein derartiger Hinweis. Zudem wird die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG mit Art. 94 DSGVO ausdrücklich zum 25. Mai 2018 aufgehoben. Andererseits sollen die Ziele und Grundsätze der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG nach dem Erwägungsgrund 9 zur DSGVO nach wie vor Gültigkeit haben.
OLG Hamburg – Urteil vom 25.10.2018 (Az.: 3 U 66/17)
Das Oberlandesgericht Hamburg geht in dieser Entscheidung, wo sich zwei Unternehmen aus dem Pharmabereich gegenüberstanden, in eine ähnliche Richtung wie das Landgericht Würzburg. Grundsätzlich sei das abmahnende Unternehmen berechtigt, Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung nach dem Wettbewerbsrecht zu ahnden. So enthalte die DSGVO kein abgeschlossenes Sanktionssystem. Der Umstand, dass bestimmte Organisationen Verstöße gegen den Datenschutz von sich aus verfolgen können, lasse nicht den Umkehrschluss zu, dass Wettbewerber ihre eigenen Rechte gerade nicht wahrnehmen könnten. Für diese Ansicht spreche der Wortlaut des Art. 77 Abs. 1, wonach jede betroffene Person unbeschadet eines anderweitigen gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde habe. Ähnlich auch die Regelung des Art. 78 Abs. 1, wonach die außergerichtlichen Rechtsbehelfe unbeschadet bleiben.
Nach Art. 82 Abs. 1 habe schließlich jede Person, „der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist,“ einen „Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.“
Fazit:
Also alles klar? Leider nein. Mit der Argumentation des LG Würzburg / OLG Hamburg kann ein Konkurrent Verstöße gegen die DSGVO nach dem Wettbewerbsrecht ahnden. Die DSGVO sagt nicht klar aus, ob dies möglich sein soll. Einerseits will die DSGVO eine abschließende Regelung sein, lässt aber andererseits die Grundsätze älterer Normen (so die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG) sowie andere Rechtsbehelfe weiter gelten.
Sollten Sie eine Abmahnung wegen Verstoß gegen das Datenschutzrecht erhalten haben, können Sie sich gerne an unsere Kanzlei wenden.