In diesem Verfahren wurde jemand verdächtigt, Songs von Yvonne Catterfield und Sarah Connor illegal zum Download zur Verfügung gestellt zu haben. Dies ist nach den §§ 106, 108 UrhG grundsätzlich strafbar. Die Rechteinhaber stellten nach Bekanntwerden des Vorgangs bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen Unbekannt. Dabei gaben Sie die IP-Adresse des Verdächtigen an. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin gegen den Provider einen richterlichen Beschluss auf Erteilung der Auskunft über die hinter der IP-Adresse stehenden Personen.
Das Gericht lehnte den Antrag jedoch ab. Zunächst führt es aus, weshalb sich das Auskunftverlangen nach den §§ 100g, 100h StPO und nicht den § 161a StPO, § 113 TKG richtet. Wesentlicher Unterschied ist dabei, dass ein richterlicher Beschluss nach der vom Gericht vertretenen Auffassung notwendig ist. Nach der Gegenauffassung kann die Staatsanwaltschaft ohne Einschaltung des Gerichts vom Provider Auskunft verlangen. Nähere Ausführungen sollen hier aus Verständnisgründen ausbleiben. Interessant ist dann die weitere Begründung der Ablehnung des Auskunftverlangens. Eine Verpflichtung des Providers sei nämlich unverhältnismäßig, so das Gericht. Denn bei dem fraglichen Vergehen handele es sich um einen Fall von Bagatellkriminalität, da keine Beweise für weitere Downloads außer denen des Anzeigenerstatters (zwei Stück) vorliegen würden. Aber selbst wenn dies der Fall sein sollte, dann könnte man noch lange nicht von einem Schaden sprechen. Das Gericht begründete diese Ansicht mit einer Harvard Studie aus dem Jahre 2004 („The Effect of Filesharing on Recordsales “von Oberholz und Koleman Strumpf), wonach der Musikindustrie durch Filesharing kein Schaden entstanden sein soll. Auch sei die hier fragliche Handlung von einem privaten Anbieter und daher nicht kommerziell erfolgt. Zudem sei der Grad des Tatverdachts als äußerst gering anzusehen. Denn nach einer Studie des US-Patentamtes aus dem Jahre 2006 seien viele P2P-Programme so gestaltet, dass die Benutzer nicht erkennen könnten, dass von ihren Rechnern Zwangsuploads erfolgten. Daher könne man einen Vorsatz außer bei Geständnissen kaum nachweisen. Schließlich verfolge die Strafanzeige hauptsächlich den Zweck, in einem Zivilverfahren hohe Schadensersatzforderungen geltend zu machen, so das Gericht. Da den Anzeigenerstattern ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegen die Provider nicht zustehe, würden sie den Umweg über das Strafrecht gehen.
Kommentar:
Nach einem Bericht von Heisse Online vom 2. August 2007 entschied die Generalstaatsanwaltschaft Celle auf eine Beschwerde der Kanzlei Schutt-Waetke ähnlich. Die für Massenstrafanzeigen bekannte Kanzlei reagierte mit ihrer Beschwerde auf eine zuvor erfolgte Ablehnung der untergeordneten Staatsanwaltschaft. Diese weigerte sich nämlich, die hinter den IP-Adressen stehenden Personen bei den Providern zu ermitteln. Doch auch die übergeordnete Stelle lehnte das Gesuch mit der Begründung ab, dass ein ernstliches Strafverfolgungsinteresse fraglich sei. Die Verfehlungen seien zudem unbedeutend und ein Schaden nicht konkret nachgewiesen. Versäumnisse des Gesetzgebers könnten nicht mit den geringen Mitteln der Staatsanwaltschaft aufgefangen werden. Noch deutlicher die Berliner Staatsanwaltschaft, welche von einer Belastung des Berliner Haushalts durch die vorgeschobene Anrufung der Strafverfolgungsbehörden sprach. Der zivilrechtliche Auskunftsanspruch wird höchstwahrscheinlich mit der bevorstehenden Änderung des Urheberrechts kommen. Deshalb darf man die hier besprochenen Entscheidungen nicht überbewerten. Heftig diskutiert wird bei den laufenden Verhandlungen jedoch der Richtervorbehalt, welcher von Vertretern der Musikindustrie abgelehnt wird. Denn er hätte erhebliche Mehrkosten zur Folge, die ein massenhaftes Vorgehen gegen illegale Filesharer sehr erschweren würden. Umstritten ist auch eine Deckelung der Kosten einer erstmaligen anwaltlichen Abmahnung auf 50 Euro. So lange ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gesetzlich noch nicht verankert ist (nach Auskunft des Bundesjustizministeriums kann dies bis Jahresende dauern), werden Strafanzeigen bei der hier beschriebenen Haltung der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte eher ins Leere laufen.