Vertriebsvertrag online

1.) Einleitung

Für Künstler ist es heutzutage recht einfach, ihre Musik über das Internet kommerziell zu vertreiben. Es gibt eine Reihe von Anbietern, die sich auf den Online-Vertrieb für Künstler und kleine Labels spezialisiert haben. Kommt man mit ihnen ins Geschäft wird ein sog. Online-Vertriebsvertrag abgeschlossen.

2.) Vertragsgegenstand des Online-Vertriebsvertrages

Der Künstler überträgt seinem Vertragspartner die Rechte für die digitale Verwertung seiner Musik. In der Regel wird der Vertragspartner kein eigenes Online-Portal haben, so dass es ausschließlich um die Weiterlizenzierung des Contents geht. Er hat also dafür Sorge zu tragen, dass die Musik des Künstlers auf den gängigen Download-Plattformen wie z.B. iTunes oder Amazon erhältlich ist. Aber auch Streamingdienste wie Spotify oder Napster werden bedient.

Bei einer digitalen Veröffentlichung sollte man auf jeden Fall beachten, dass es nach Anlieferung / Upload meist einige Wochen dauert, bis der Titel in den Online-Stores erhältlich ist. Zu welchem Preis der Song dort dann angeboten wird, kann der Künstler in der Regel nicht beeinflussen.

3.) Promotion

Manche Online-Vertriebe bieten auch kostenlose Promotiontools an, wie z.B. eine eigene Künstlerseite im Rahmen des Vertriebsauftritts. Das mag sicherlich hilfreich sein. Tatsache ist jedoch, dass eine gute Online-Promotion arbeitsintensiv ist und das kostet wiederum Geld. Man sollte die kostenlosen Tools deshalb nicht überschätzen und die Entscheidung für den Vertrieb nicht ausschließlich davon abhängig machen.

4.) Ablehnung der Aufnahmen

Manche Vertriebe behalten sich das Recht vor, bestimmte Aufnahmen nicht zu veröffentlichen, insbesondere Aufnahmen, die schlecht gemischt, gemastered oder laienhaft interpretiert sind oder wo es ungeklärte Rechtverhältnisse gibt. Juristisch ist dagegen zwar grundsätzlich nichts einzuwenden, die Formulierung fällt jedoch meist sehr vage und offen aus, so dass es erheblichen Interpretationsspielraum gibt. Kommt es hier später tatsächlich zu Meinungsverschiedenheiten, sollte man versuchen, diese einvernehmlich zu lösen. Denn im Falle eines Gerichtsverfahrens ist der Beweis, dass Aufnahmen „dem künstlerischen Standard vergleichbarer Aufnahmen entsprechen“ nur mit erheblichem Aufwand (z.B. Sachverständigengutachten) möglich. Ganz abgesehen von der Frage, ob sich die Kosten für ein gerichtliches Verfahren hier überhaupt lohnen oder ob es nicht sinnvoller ist, den Vertriebsvertrag einvernehmlich aufzulösen und einen anderen Vertrieb zu suchen …

5.) Artwork

Soweit der Künstler neben den Vertragsaufnahmen Artwork liefert (z.B. Fotos, Grafiken oder Texte), räumt er dem Vertrieb die zur Verwertung notwendigen Rechte entsprechend ein. Das wäre also beispielsweise die Abbildung des Album-Covers bei iTunes, Spotify etc.

6.) Rechteübertragung

Grundsätzlich sollte der Künstler erst einmal prüfen, ob er seine Online-Rechte überhaupt noch besitzt. Gibt es nämlich für die Aufnahmen bereits einen Bandübernahmevertrag mit einem Label, ist es durchaus wahrscheinlich, dass dieses auch die Online-Rechte daran besitzt. Das gilt selbst dann, wenn nur über eine CD-Veröffentlichung gesprochen wurde, da die nicht-physischen Rechte im Bandübernahmevertrag meist mitübertragen werden. Auch bei den Vertriebsverträgen sollte man daher genau darauf achten, ob die Online-Rechte mit eingeschlossen sind. In der Regel wird der Vertrieb die Download- und Streamingplattformen umgehend beliefern, wenn er die dazu erforderlichen Rechte besitzt. Denn Aufwand und Kosten sind hier eher gering. Folglich wird der Künstler meist schon aufgrund von Veröffentlichungen auf iTunes oder Spotify wissen, ob er die entsprechenden Rechte noch besitzt.

Die meisten Vertriebsverträge haben einen recht kurzen Rechtekatalog, der nur die unbedingt notwendigen Rechte auflistet. Es gibt aber auch Vertragsexemplare mit  sehr offenen oder sehr detaillierten Formulierungen. Diese lassen daher Verwertungen zu, an die man vorher noch nicht einmal gedacht hat (z.B. Verwendung der Aufnahmen bei PC-Games). Eigentlich hat das in einem normalen Online-Vertriebsvertrag nichts verloren und sollte deshalb besser gestrichen bzw. explizit ausgeschlossen werden.

Sämtliche Rechte werden der Firma „übertragbar“ eingeräumt, was bedeutet, dass das Label die Rechte auf Dritte übertragen kann. Diese Bestimmung ist unbedingt notwendig, da der Vertrieb selbst das Recht haben muss, die Verwertungen seinen Vertragspartnern wie iTunes oder Spotiry zu gestatten. Wären die Rechte nicht übertragbar, könnten die Aufnahmen daher nicht bei Drittanbietern im Internet zum Download / Stream angeboten werden.

7.) Exklusivität

Der Online-Vertrieb möchte die Rechte möglichst exklusiv haben. Das bedeutet, dass der Künstler keinen weiteren Vertragspartner mit der digitalen Verwertung seines Contents beauftragen kann. Dadurch soll vermieden werden, dass identische Songs z.B. bei iTunes von verschiedenen Anbietern mehrfach erhältlich sind. Denn ansonsten wären die Online-Stores noch unübersichtlicher und künstlich aufgebläht. Natürlich möchte der Vertrieb auch der einzige sein, der an der digitalen Verwertung verdient. Fakt ist aber, dass es bei den Online-Stores gerade in der Anfangszeit des Donwnloadzeitalters für Verärgerung gesorgt hatte, wenn ein Titel schon identisch im Angebot war.

Gerade beim Thema Exklusivität sollte wieder darauf geachtet werden, dass man entsprechende Ausnahmen vereinbart, wenn man als Künstler seine Songs auf Facebook, Soundcloud, MySpace etc. hochladen möchte. Das gilt auch dann, wenn dies ausschließlich zur Eigenwerbung und ohne kommerziellen Verkauf erfolgt. Die Exklusivität trifft hier nämlich keine Unterscheidung und gilt ausnahmslos zu Gunsten des Vertriebs. Vorausschauende Verträge sehen derartige Ausnahmen aber meist schon vor.

8.) Rechtegarantie

Der Künstler garantiert, dass er Inhaber sämtlicher Rechte ist und diese auf den Vertrieb auch übertragen kann. Er übernimmt hierfür die volle Haftung und stellt den Vertrieb von Ansprüchen Dritter frei, welche aus der Verletzung dieser Garantie resultieren. In der Praxis kommt es eher selten vor, dass sich jemand durch eine Aufnahme in seinen Rechten verletzt sieht und dagegen vorgeht. Dennoch möchte sich der Vertrieb dagegen verständlicherweise absichern.

Deshalb wird für den Fall einer Rechtsverletzung oft vereinbart, dass der Vertrieb Ansprüche Dritter direkt erfüllen und mit den Einnahmen des Künstlers verrechnen darf. Das ist für den Künstler natürlich hart, wenn der Fall eintreten sollte, dass jemand unberechtigter Weise Ansprüche gegen den Vertrieb erhebt. Deshalb sollte ergänzt werden, dass eine Verrechnung nur mit rechtskräftig festgestellten Ansprüchen möglich ist. Das bedeutet in der Praxis, dass es erst einmal ein Gerichtsverfahren gibt und dort eventuell mehrere Instanzen durchlauft werden müssen, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Andererseits müsste der Vertrieb in dieser Konstellation die Anwaltskosten eventuell zunächst selbst tragen, wozu er wahrscheinlich nur bedingt bereit ist …

9.) Erlöse

Gerade im Bereich der sog. „Artist-Deals“ gibt es zahlreiche Varianten, die hier nicht vollständig abgebildet werden können. Beispielhaft sollen nur ein paar Varianten angesprochen werden. So erhält der Künstler bei Variante A 100% der Erlöse, welche der Vertrieb von den diversen Online-Portalen ausgeschüttet bekommt. Dafür werden jedoch Bereitstellungsgebühren pro Song oder pro Album berechnet. Bei Variante B erhält er nur einen Teil der Erlöse, zahlt dafür aber wiederum geringere Bereitstellungsgebühren. Bei Variante C erhält der Künstler auch nur einen Teil der Erlöse, zahlt jedoch überhaupt keine Bearbeitungsgebühr. Man sollte sich jedes Angebot auf jeden Fall genau durchlesen, damit es später keine bösen Überraschungen gibt.

10.) Abrechnung

Üblich ist eine Abrechnung z.B. vierteljährlich innerhalb von 30 Tagen. Manche Vertriebe verlangen zusätzlich eine schriftliche Rechnung des Künstlers, bevor sie das Geld auch tatsächlich auszahlen. Das bedeutet, dass der Künstler zunächst die Abrechnung des Vertriebs erhält und danach seine eigene Rechnung an den Vertrieb mit dem Abrechnungsbetrag schicken muss. Die meisten Verträge sehen auch das Erreichen einer bestimmten Mindestsumme (z.B. 20,00 Euro) aus der Abrechnung vor, bevor Auszahlungen vorgenommen werden.

Üblich ist es, das der Online-Vertrieb das Recht hat, offen stehende Beträge des Künstlers mit seinen Einnahmen zu verrechnen. Hat er also die Bereitstellungsgebühr für mehrere Alben noch nicht bezahlt, kann der Vertrieb die Erlöse aus den Verkäufen einfach dagegen rechnen.

11.) Buchprüfung

Im Vertriebsvertrag sollte unbedingt noch eine sog. Buchprüfungsklausel stehen. Danach kann der Künstler die Abrechnungsunterlagen des Vertriebs einsehen und prüfen lassen. Diese Prüfung darf dann meist nur ein Steuerberater, Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer vornehmen. Grund hierfür ist, dass diese Personen von Gesetzes wegen zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Denn die Abrechnungsunterlagen stellen sensible Informationen des Vertriebs dar, die nicht publik werden sollten.

In der Praxis kommt eine Buchprüfung kaum vor. Denn nicht selten reicht es erst einmal aus, diese Möglichkeit gegenüber dem Vertragspartner nur anzudeuten, um eine transparentere Abrechnung zu bekommen. Auch sind die Kosten einer Prüfung (z.B. für Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer) nicht zu unterschätzen, so dass diese zu einem möglichen (Mehr-)Ertrag ins Verhältnis gesetzt werden müssen. Das ist wiederum sehr schwierig, da der potentielle (Mehr-)Ertrag ja erst nach Abschluss des Verfahrens feststeht. Deshalb scheuen nicht wenige eine Buchprüfung mit ungewissem Ausgang und der Gefahr, dass am Ende die Kosten den zusätzlichen Erlös übersteigen.

Üblich ist noch die Regelung, dass der Künstler die Kosten dieser Buchprüfung vom Vertrieb ersetzt bekommt, wenn der Differenzbetrag eine gewisse Spanne überschreitet (z.B. Abweichung von mehr als 5% zu Ungunsten von Künstler). Die Möglichkeit der Buchprüfung wird oft auch zeitlich begrenzt (z.B. auf die letzten der Prüfung vorangehenden zwei Jahre), was aber akzeptabel ist. Nicht hinnehmbar ist es, wenn die Möglichkeit der Buchprüfung davon abhängig gemacht wird, dass ein triftiger Grund vorliegt. Denn woher soll der Künstler genau wissen, dass falsch abgerechnet wurde? Der Beweis ergibt sich dann erst aus der späteren Prüfung.

12.) Vertragslaufzeit / Auswertungszeit

Die meisten Online-Vertriebsverträge haben eine Mindestvertragslaufzeit (z.B. 12 Monate). Teilweise verlängert sich die Vertragslaufzeit, wenn nicht vor Ablauf gekündigt wird. Schließt man den Vertriebsvertrag ausschließlich über das Internet ab, hat man als Verbraucher auch ein Widerrufsrecht. Das bedeutet, dass man den Vertrag ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen widerrufen kann (teilweise beträgt die Widerrufsfrist auch einen Monat). Das Widerrufsrecht erlischt jedoch schon früher, wenn der Vertragspartner mit der Ausführung der Leistung schon begonnen hat. Hat man also seine Songs schon auf den Server des Online-Vertriebs hochgeladen, wird in der Bereitstellung der Serverleistung bereits eine Vertragsausführung liegen.

Manche Verträge sehen vor, dass der Künstler digital unveröffentlichte Aufnahmen während der Vertragslaufzeit exklusiv nur über seinen Vertragspartner veröffentlichen und kommerziell vertreiben darf. Danach könnte der Künstler nicht hergehen und Album A über Vertrieb X und Album B über Vertrieb Y veröffentlichen. Er müsste Album B also ebenfalls über den Vertrieb X vertreiben lassen. Es gibt aber auch nicht so strikte Verträge, die eine Veröffentlichung bei anderen Online-Vertrieben zulassen. Wichtig ist dann nur, dass man darauf achtet, dass die verschiedenen Alben auch unterschiedliche Songs / Aufnahmen enthalten, was eigentlich die Regel ist.

Von der Vertragslaufzeit ist wieder die Auswertungszeit zu unterscheiden. Während dieser Dauer hat der Vertrieb das ausschließliche Verwertungsrecht an den Aufnahmen. In einigen Vertriebsverträgen beträgt die Auswertungszeit pauschal 24 Monate auch nach Beendigung der Vertragslaufzeit. Begründet wird dies damit, dass manche Vertragspartner erst verspätet ausschütten. Doch genau genommen handelt es sich dann um Ausschüttungen für vergangene Verwertungen, so dass ein Verwertungsrecht zum Zeitpunkt der Ausschüttung überhaupt nicht notwendig ist. Erhält der Künstler also z.B. am 1.12. eine Ausschüttung für den Zeitraum 1.01.-30.06., reicht es normalerweise aus, wenn das Verwertungsrecht vom 1.01. bis zum 30.06. bestand. Eine längere Auswertungszeit ist nur für den Fall notwendig, dass die Vertragspartner des Vertriebes verspätet auf die Beendigungsmitteilung reagieren. Hier sollte es jedoch ausreichen, wenn die Auswertungszeit die Vertragslaufzeit um maximal 6 Monate übersteigt.

Wenn Sie Fragen zum Vertriebsvertrag oder zu anderen Themen haben, berate ich Sie gerne. Dazu ist es nicht notwendig, dass Sie in meine Kanzlei kommen. Sie können mir Ihr Anliegen vorab per Mail (auch mit Anhängen) zuschicken. Ich werde Ihnen dann ein unverbindliches Angebot für ein Mandat erstellen und mich gegebenenfalls telefonisch mit Ihnen in Verbindung setzen. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.

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