Nachdem zahlreiche Vorwürfe gegen die Band Rammstein und deren Sänger Till Lindemann öffentlich wurden, gab es auch eine Vielzahl von Prozessen. In diesem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg verlangte Lindemann von Shelby Lynn, dass sie ihre Instagram-Profilbeschreibung „The girl that got spiked AT Rammstein“ nicht mehr verwendete. Auch sollte eine Interviewpassage, in der Lynn schilderte, wie sie während eines Rammstein-Konzerts vermutlich unter Drogen gesetzt wurde, nicht mehr weiter verbreitet werden.
Das Landgericht ist der Ansicht, dass die Äußerung von Lynn, unter Drogen gesetzt worden zu sein („I got spiked“), eine zulässige Meinungsäußerung sei. Auf diese Idee ist einem Bericht der LTO zufolge nicht einmal der Anwalt von Lynn gekommen, der von einer Tatsachenbehauptung ausging. Da sieht man einmal, wie es einem bei Gericht ergehen kann. Der Anwalt von Lynn wird diese Argumentation vermutlich stillschweigend und dankbar zur Kenntnis genommen haben. Jedenfalls sieht das Landgericht diese Meinungsäußerung im Kontext mit weiteren Posts von ihr.
Darin schildert Lynn, wie sie sich nach den Tequilla Shots gefühlt habe (wie ein Zombie) und dass sie nicht mehr fähig war, ihren Körper koordinieren. Sie hatte auch einige Fotos von ihrem Körper veröffentlicht, die deutliche Blessuren zeigen. Diese versah Lynn mit dem Kommentar, dass sie nicht wisse, wann und wie die Blessuren entstanden.
Entscheidend war hier die Vermutung von Lynn, dass etwas in den Drinks gewesen sein müsse. Dies sei eine wertende Schlussfolgerung, die unter die Meinungsfreiheit fällt. Diese zulässige Meinungsäußerung überwiege das Persönlichkeitsrecht von Lindemann, der nur in seiner beruflichen Sphäre betroffen sei.
Interessanterweise begrüßten beide Seiten die Entscheidung. Lynn natürlich, weil sie in dieser Instanz gewonnen hatte. Lindemanns Rechtsanwälte werteten das Urteil zugunsten ihres Mandanten, da Lynn nach den Worten des Gerichts gerade nicht den Verdacht geäußert habe, Lindemann habe ihr Drogen in den Drink gemischt. So kann man es auch sehen.
Urteil LG Hamburg v. 15.8.2023 – 324 O 256/23