Mit Urteil vom 23. März 2011 hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) der Berufung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) stattgegeben und entschieden, dass die Sendezeitbeschränkung für zwei Folgen der Sendung „MTV I want a famous face“ auf die Nachtzeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr zu Recht erfolgt ist.
Die Klägerin ist Anbieterin des medienrechtlich genehmigten Musikspartenprogramms MTV. Sie klagte gegen die Sendezeitbeschränkung der BLM in Bezug auf zwei Folgen der Serie „MTV I want a famous face“, die im Juli und August 2004 zwischen 21:30 Uhr und 22:30 Uhr auf MTV ausgestrahlt wurden. Darin unterziehen sich junge Erwachsene Schönheitsoperationen, um ihrem jeweiligen Idol (Folge 3: Kate Winslet; Folge 4: Pamela Anderson) ähnlich zu sehen. Der Sendezeitbeschränkung war eine Entscheidung der Kommission für Jugendmedienschutz der Landes- medienanstalten (KJM) vorangegangen, wonach TV-Formate, in denen Schönheitsoperationen zu Unterhaltungszwecken angeregt, durchgeführt oder begleitet werden, grundsätzlich nicht vor 23.00 Uhr gezeigt werden dürfen. Solche Sendungen könnten Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung beeinträchtigen. In der wichtigen Phase der Identitätsfindung werde „jungen Zuschauern suggeriert, es komme nur auf das Äußere an und dieses sei beliebig formbar. Sie könnten den Eindruck gewinnen, dass sich Probleme der Selbstakzeptanz durch Wegschneiden, beliebiges Verkleinern und Vergrößern von Körperteilen, Absaugen oder Einspritzungen lösen lassen.“
Nach Auffassung des BayVGH konnte die BLM die Sendezeitbeschränkung auf die Bestimmungen des Staatsvertrags über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag) stützen. Die Folgen 3 und 4 von „MTV I want a famous face“ seien geeignet, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Zwar stehe der KJM bei der Anwendung des Staatsvertrags kein Beurteilungsspielraum zu. Gleichwohl sei ihre sachverständige Einschätzung verbindlich, weil sie im Gerichtsverfahren nicht erschüttert worden sei. Dass die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF) zuvor eine der beiden Folgen zur Ausstrahlung auch tagsüber für geeignet gehalten hatte, führe zu keiner anderen Beurteilung, denn die Sendung sei noch verändert worden, nachdem die FSF sie in englischer Originalfassung gesehen habe.
Die Revision gegen das Urteil zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wurde zugelassen.
(Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 23. März 2011, Az. 7 BV 09.2512 und 2513)
Mitteilung der Pressestelle des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs