Urteil Europäischer Gerichtshof in der Rechtssache C-310/17 (Levola Hengelo BV / Smilde Foods BV) vom 13. November 2018
Nein, Sie haben sich nicht verlesen. Es geht um Käse zum Essen, genauer genommen um einen Streichkäse. Im Jahre 2007 hat ein niederländischer Gemüse- und Frischproduktehändler den Streichkäse „Heksenkaas“ kreiert. Die Rechteinhaber sind der Überzeugung, dass ihre Mischung aus Crème fraîche und Kräutern ein geistiges Werk nach dem Urheberrecht darstellt. Dieses Urheberrecht werde nun durch den Streichkäse eine Konkurrenten, nämlich dem „Witte Wievenkaas“ von Smilde, verletzt. Oder umgangssprachlich ausgedrückt: Der eine Streichkäse schmeckt genau so wie der andere. Kannte man eigentlich vor dieser Entscheidung schon von anderen Streichkäsesorten (Anm.: persönliche Ansicht des Verfassers). Aber niemand kam bisher auf die Idee, den Käse als persönliche Schöpfung nach dem Urheberrecht anzusehen.
Der Europäische Gerichtshof entschied klar, dass der Streichkäse „Heksenkaas“ keine eigene geistige Schöpfung darstelle. Grundsätzlich sei hierfür ein Ausdruck dieser eigenen geistigen Schöpfung notwendig, an dem es vorliegend fehle. Ideen, Verfahren, Arbeitsweisen oder mathematische Konzepte als solche fallen nicht unter das Urheberrecht.
Der Geschmack eines Lebensmittels kann nach Meinung des Gerichts nicht präzise und objektiv identifiziert werden. Andere Werke wie z.B. der Literatur oder Musik stellten eine präzise und objektive Ausdrucksform dar, die eine Identifizierung ermöglichte. Der Geschmack eines Lebensmittels hingegen werde nach subjektiven Geschmacksempfindungen und -erfahrungen beurteilt. Diese hingen von den Eigenschaften und Gewohnheiten der testenden Person ab, wie beispielsweise Alter, Ernährungsvorlieben oder Konsumgewohnheiten. Schließlich könne die Wissenschaft nach derzeitigem Stand den Geschmack eines Lebensmittels objektiv nicht genau von dem Geschmack anderer Lebensmittel unterscheiden.
Stellungnahme:
Eine interessante Entscheidung, da sie auf das (Geschmacks-)Urteil des Konsumenten abstellt. Die Problematik ist klar, aber andererseits kommen subjektive Einschätzungen im Urheberrecht immer wieder vor. Wann ist ein Werk ein Werk? Hierzu gibt es eine Reihe von Kriterien: Gefordert wird eine persönlich-geistige Schöpfung mit wahrnehmbarer Formgestalt, die individuell ist. Es muss also eine gewisse Schöpfungshöhe gegeben sein. Der BGH sieht diese bei Werken erreicht, „die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise [rechtfertigen], von einer künstlerischen Leistung zu sprechen.“ Aber nach welchen Kriterien beurteilt sich die Auffassung der vertrauten Kreise? Hier noch ein interessanter Artikel zur Problematik des Werkschutzes.